Freitag, 25. Februar 2011

Ben Bova, Jupiter

Das Buch stand bei mir im Regal und ich konnte mich doch so gar nicht mehr an seinen Inhalt erinnern, ob es mir gefallen hatte oder nicht. Ein guter Anlass also, es nochmal zu lesen.

Die Geschichte spielt in einer Welt, die von religiösen Organisationen übernommen worden ist. Es gibt in jeder Weltgegend eine Religion, die das öffentliche Leben kontrolliert und praktisch staatliche Funktionen erfüllt. In den USA ist das eine Gruppe, die "Neue Ethik" genannt wird.

Die Erzählung beginnt mit einem jungen Mann namens Grant, der den ersten Teil (2 von 4 Jahren) seines öffentlichen Pflichtdienstes antreten muss. Er selbst wird als sehr religiös beschrieben und weil er keine Probleme mit den wissenschaftsfeindlichen Administratoren der Neuen Ethik bekommen will, sucht er sich als Pflichtdienst etwas aus, das er für unverfänglich hält, aber seinem Interesse an der Astronomie entspricht. Er möchte gerne seine Dienstzeit auf einer Sternwarte mit der Untersuchung Schwarzer Löcher verbringen und plant das danach als Studium weiterzuführen. Als religiöse Organisation kann die "Neue Ethik" nicht viel mit Wissenschaftlern anfangen, aber Astrophysik hat nach Ansicht des jungen Mannes wenig genug mit Religion zu tun, ganz im Gegensatz zu beispielsweise der Biologie.


Er heiratet brav seine Freundin und erwartet eigentlich einen astronomischen Arbeitsplatz zugewiesen zu bekommen, als die Administratoren der "Neuen Ethik" ihn plötzlich vor eine Wahl stellen, die eigentlich keine ist: entweder er verbringt die vollen 4 Jahre seiner Dienstzeit auf einer Forschungsstation beim Jupiter oder er wird zu irgendwelchen Aushilfstätigkeiten eingeteilt und kann seine astronomischen Pläne vergessen. Grant hat zu Anfang Probleme, zu verstehen, was von ihm verlangt wird. Die Jupiter-Station beschäftigt sich mit Forschungen bezüglich des Ring- und Mondsystems des Jupiters und erforscht zusätzlich die Biologie der Jupitermonde. Exobiologie ist ein besonderes rotes Tuch für die "Neue Ethik" und Grant versteht nicht, was er dort tun soll. Er soll dort spionieren. Die Verwaltung verlangt von ihm, auf der Station während seiner Dienstzeit seine Kollegen auszuforschen, die offenbar gerade dabei sind, auf dem Jupiter selbst nach intelligenten Lebensformen in den tieferen Atmosphäreschichten zu suchen. Grant ist zuerst entsetzt, sieht dann aber ein, dass er keine Möglichkeit hat, dieser Verpflichtung zu entgehen und reist zum Jupiter.

Dort hadert er etwas mit seinem Schicksal, freundet sich aber mit seinen Kollegen an und findet nach einiger Zeit heraus, dass diese tatschlich illegale Forschungen auf dem Jupiter betreiben. Illegal sind die Forschungen insoweit, als dass die Religiösen Fanatiker sie verbieten würden, wenn sie von ihnen wüssten. Aus irgendwelchen Gründen gilt er nach einiger Zeit als so vertrauenswürdig, dass der krankhaft misstrauische Stationsleiter - mit dem schönen Namen Wo - ihn in das Jupiterteam aufnimmt. Er nimmt an der Expedition auf den Jupiter teil, sie können die vorherigen Forschungen verifizieren und entdecken sogar, dass die Jupiterwesen intelligent sind. Diese Wesen retten das Forschungsschiff vor dem Absturz, Grant kann das Schiff vom Jupiter wegfliegen und sendet alle Forschungsergebnisse unzensiert an das gesamte Sonnensystem. Damit vereitelt er den Versuch der religiösen Fanatiker, die Forschungen geheim zu halten und zu unterdrücken und alles wird gut.

Die Basis der Geschichte wirkt insgesamt völlig unglaubwürdig, soweit man das überhaupt von einem Science-Fiction-Roman sagen kann. Der Autor möchte eine dystopische Welt konstruieren, in welcher Religiöse Fanatiker eine moderne Gesellschaft übernommen haben und versuchen ebendiese Modernität zu bekämpfen. Aber schon diese Religiösen wirken falsch. Angeblich hätten sie die Herrschaft über die Menschheit übernehmen knnen, weil sie Lösungen für deren Probleme gefunden hatten, die die vorherigen säkularen Regierungen nicht liefern konnten; beispielsweise für die Umweltverschmutzung oder die Überbevölkerung. Das ist vollkommen absurd. Die einzige Art und Weise, wie religiöse Organisationen etwas gegen Überbevölkerung tun, ist durch die Ausrottung der Ungläubigen und Heiden und nicht etwa durch Empfängnisverhütung und Geburtenkontrolle, wie es im Buch angedeutet wird. Auch taucht die religiöse Nomenklatura eigentlich nur am Anfang und am Ende des Buches auf und wirkt zwischendrin irgendwie gar nicht bedrohlich. Sie schickt dem Helden nur ein paar Nachrichten auf die Station, wann er denn endlich ein paar Spionageberichte abgeben will und das wars. Die Religiosität des Helden selber bleibt ebenfalls unklar. Der Autor schreibt zwar, Grant sei sehr religiös, dieser macht aber praktisch nichts religiöses auf den knapp 800 Seiten, außer ein bis zwei mal in einen Gottesdienst zu gehen. Wirklich gläubige Menschen, die irgendwie in einen Zwiespalt zwischen moderner Wissenschaft und ihren archaischen Glaubensvorstellungen geraten, benehmen sich anders. Grant macht seine Arbeit, freundet sich mit seinen Kollegen auf der Jupiterstation an und nimmt mit Begeisterung an dem Forschungprojekt zu den Jupiterwesen teil; von religiös begründeten Zweifeln keine Spur.

Der Autor schafft es auch nicht glaubhaft zu zeigen, wieso der Held von einem Laboranten, dem der Stationsleiter zutiefst mißtraut, zu einem vertrauenswürdigen Individuum aufsteigt, das der Stationleiter plötzlich in sein geheimes Jupiter-Team aufnimmt. Die Jupiterwesen ihrerseits erhalten auch ein paar Szenen in dem Buch. Ein wagemutiger Jupitergigantenjüngling unternimmt eine Reise von seinem Clan weg, meistert zahlreiche Gefahren und hilft nach seiner Rückkehr zum Clan, das Expeditionsschiff zu retten. Hier scheitert Bova völlig an der Aufgabe, ein fremdes Wesen auch als solches darzustellen. In der Erzählung wirkt es eher wie ein minderbemittelter Mensch, der sich in der Wildnis verlaufen hat, als wie der Vertreter einer Spezies, die sich in der Atmosphäre eines Gasriesen entwickelte.

Insgesamt ist das Buch recht enttäuschend. Die Ausgangsbasis der Geschichte wirkt extrem gekünstelt und unglaubwürdig, die Charaktere entwickeln sich nicht und bleiben über die gesamte Erzählung hin irgendwie irreal. Die Geschichte selbst ist flach und vorhersagbar, sodass kein richtige Spannung aufkommen will. Es macht leider keine Lust darauf, mehr von Ben Bova zu lesen.


Es ist kein Wunder, dass ich das Buch nach dem ersten Lesen völlig vergessen hatte. Das werde ich wohl auch jetzt tun.

Ben Bova, Jupiter. Übers. Walter Brumm. Wilhelm Heyne Verlag, München 2002

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